19. April 2024

Gruß dem Präsidenten

Seit wenigen Tagen gibt es einen neuen “mächtigsten Mann der Welt”. Der Neue US-Präsident ist im Amt.  Die üblichen 100 Tage Schonzeit scheinen nicht mehr zu gelten. Dabei darf die sogenannte freie Welt so gespannt sein wie nie zu vor.
von Eric Margolis
Normalerweise weiche ich patriotischen Veranstaltungen aus. Diese erinnern mich unweigerlich an die fahnenschwenkende Idiotie, die in den Ersten Weltkrieg geführt hat.
Tatsächlich wurde ich sogar von den Pfadfindern in New York City hinausgeworfen, nachdem ich lautstark kundgetan hatte, dass ihr überpatriotisches Zurschaustellen von Fahnen, Trommeln, Schmettermusik und paramilitärischen Uniformen aussah wie die alte Hitlerjugend.
Aber nachdem ich die Inauguration von Präsident Donald Trump (das ist das erste Mal, dass ich diese Wortfolge schreibe) verfolgte, muss ich zugeben, dass diese Zeremonie mich weit über mein normalerweise zynisches Selbst hinaus bewegt hat.
Wohlgemerkt, ich habe Amtseinführungen von Präsidenten miterlebt, seit mein Vater mit uns von New York City nach Washington flog, um Präsident Dwight Eisenhowers Inauguration 1953 zu sehen. In lebendiger Erinnerung habe ich die gigantische Atomkanone, die die Pennsylvania Avenue hinunter gezogen wurde. Ich erinnere mich daran, eine feine Biographie von Dschingis Khan auf unseren Flügen mit der Eastern Airlines gelesen zu haben.
Was ich dieses Mal besonders beeindruckend fand, war die neuerliche Bestätigung der Verpflichtung Amerikas zum friedlichen Übergang von politischer Macht. Es war das 45. Mal, dass dieses Wunder geschehen ist. Das klingt vielleicht banal, aber die Übergabe der Macht erfüllt mich immer wieder mit Stolz, ein Amerikaner zu sein, und mit Dankbarkeit dafür, dass wir dermaßen brillante Gründerväter hatten.
Dieser friedliche Übergang unterscheidet die Vereinigten Staaten von Amerika von vielen Ländern der Welt, sogar Britannien und Kanada, wo Anführer unter dem parlamentarischen System in einem Prozess ausgewählt werden, der an einen Kampf mit Messern in einem dunklen Raum denken lässt. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben es irgendwie geschafft, ihre drei Teilbereiche der Regierung trotz der größten Anstrengungen eigennütziger Politiker zu behalten, diese zunichte zu machen.
Jeder neue Präsident übernimmt von seinem Vorgänger ein Meer von Problemen. Donald Trumps größte ererbte Kopfschmerzen und Prioritäten werden im Mittleren Osten liegen, bereits ein Katastrophengebiet, aber noch um ein Vielfaches verschlimmert durch den Pfusch der Administration Obama und deren bescheuerte Versuche, die Vereinigten Staaten von Amerika und Russland auf einen Kollisionskurs zu bringen.
Dank George W. Bush – der es wagte, sich bei der Inauguration blicken zu lassen – und Friedensnobelpreisträger Obama erbt Trump Amerikas längsten Krieg, nämlich den gegen Afghanistan, mit unserer schändlichen Unterstützung massenhaften Drogenhandels, endemischer Korruption und Kriegsverbrechen. Dazu kommen die wahnwitzigen chaotischen Zustände im Irak und jetzt in Syrien.
Diese Woche griffen schwere B-2-Bomber der Vereinigten Staaten von Amerika Libyen an. US-Militär kämpft in Somalia, Jemen, Pakistan und in Teilen Afrikas. Wofür? Niemand kann es mit Gewissheit sagen. Amerikas Kriege im Ausland, angetrieben durch sein Militärbudget in der Höhe von einer Billion Dollar, haben ein Eigenleben entwickelt. Sobald eine große Macht in den Krieg zieht, so beteuern die Proponenten, „können wir es uns nicht leisten zurückzustecken, weil darunter unsere Glaubwürdigkeit leiden wird.“
Trump wird sich anstrengen, einen gesichtswahrenden Rückzug aus diesen unnötigen Konflikten zu finden und seine Ohren gegenüber Sirenengesängen der Kriegspartei und des tiefen Staats verschließen, der gerade damit gescheitert ist, einen „weichen“ Putsch zur Verhinderung seiner Inauguration zu inszenieren. Kleine Kriege gegen schwache Länder zu führen ist eine milliardenschwere nationale Industrie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Amerika ist so süchtig nach Krieg geworden, wie es nach Schulden war.
Wenn Präsident Trump wirklich eine Art Frieden in den explosiven Mittleren Osten bringen will, wird er die Ratschläge der zionistischen Hardliner zurückweisen müssen, die ihn umgeben, und die er sich selbst ausgesucht hat. Deren primäres Interesse liegt in einem Großisrael, frei von Arabern, nicht in einem größeren Amerika. Trump ist zu klug, um das nicht zu wissen. Aber er könnte auch auf seine schneidigen alten Generäle hören, die die Kriege gegen Afghanistan und Irak verloren haben.
Trump scheint hereingelegt worden zu sein in den Glauben an das Gerücht, dass die Gewalt im Mittleren Osten durch das verursacht wird, was er in seiner Antrittsrede als radikalen islamischen Terrorismus bezeichnete. Das ist ein beliebtes Vehikel, das von der harten Rechten und von Israel eingesetzt wird, um jeden Widerstand gegen Israels Expansion und ethnische Säuberungen zu delegitimieren. Das Etikett „Terrorismus“ dient dem selben Zweck.
Trump sollte daran erinnert werden, dass die Attentäter des 9/11 zwei Gründe für ihren Angriff angaben: 1. Okkupation Saudiarabiens durch die Vereinigten Staaten von Amerika; 2. Anhaltende von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützte Okkupation Palästinas. Beharrliche Attacken gegen westliche Ziele, die wir als Terrorismus bezeichnen, sind in den meisten Fällen Racheakte für unsere neokolonialen Aktionen in der muslimischen Welt, dem „American Raj,“ wie ich sie bezeichne.
Leider wird Präsident Trump derlei nützliche Beratung von den Männern, die ihn umgeben, eher nicht bekommen, mit der möglichen Ausnahme von Außenminister Rex Tillerson. Hoffen wir, dass Tillerson – und nicht das Bankhaus Goldman Sachs – das Steuerruder der US-Außenpolitik in der Hand behalten wird.
 
erschienen am 21. Januar 2017 auf > www.ericmargolis.com
Archiv > Artikel von Eric Margolis auf antikrieg.com

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Ein Gedanke zu “Gruß dem Präsidenten

  1. 27.1.2017
    Präsident Trump wird ohne freiwirtschaftliche Reformen die USA mit Vollgas gegen die Wand fahren. Er macht ja alles noch schlimmer als die vohergehenden Regierungen. Selbst die kommunistischen Chinesen scheinen es besser zu machen als er.
    Arbeitsplätze kann er bei kapitalistischer Wirtschaftsweise nur schaffen, wenn das investierte Kapital bedient wird, heißt mühelosen Profit bringt bei niedrigstem Risiko. Und das geht nur, wenn die Löhne sinken, und zwar auf die Höher der Löhne derjenigen, die er mit seiner Mauer aussperren oder als Illegale mit der Polizei heimschicken will.

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