Die Flüchtlingspolitik der Großen Koalition versagt. Wer die Menschen ins Land holt, muss sich auch um sie kümmern. Stattdessen streiten sich in Essen die Ärmsten der Armen um ein Stück Brot. Da freut sich die AfD.
Quelle: Essener Tafel: Arme und Ausländer – SPIEGEL ONLINE – Politik
“Denn diese Empörung hat etwas Unpolitisches. Sie ist eine Ausweichbewegung. Eine Ablenkung. So wie auch die öffentliche Empörung über den tatsächlichen Rassismus der AfD zu einer Ablenkung zu werden droht. Denn wir machen es mit dem Rassismus der AfD ja nicht anders als mit dem Terrorismus der Islamisten: Wir grenzen uns ab, wir haben damit nichts zu schaffen, und vor allem, wir sind dafür nicht verantwortlich.” Ganz genau das Gegenteil ist der Fall: Wir sind ganz entschieden für das erstarken rechter Tendenzen verantwortlich. Weil wir “Satten”, obwohl wir auch zu 80% Nettoverlierer sind, keine Lust und keine Zeit mehr haben, uns um die Abgehängten zu kümmern. Und wenn es dann kracht, haben wir keinen Arsch mehr in der Hose, uns gegen den Faschismus zu stellen – wir haben ja etwas zu verlieren. Im Gegensatz zu den Verblendeten, die nichts mehr zu verlieren haben: “Mache jede Arbeit für eine Mark!”
WP
Grenzen der Integration
In einem Leitartikel der FAZ vom 3.März schreibt Reiner Burger unter obiger Überschrift folgendes:
Der „Fall“ der Essener Tafel ist ein Wendepunkt in der bisher viel zu viel zu sehr von Klischees,
Utopien und moralischen Reflexen beherrschten flüchtlingspolitischen Debatte. Kurz sah es so aus,
als würden auch diesmal wieder die üblichen Dominanzmechanismen wirken. Doch schon während
der Pressekonferenz des Vereinschefs Jörg Sator am Freitag vergangener Woche zerbröselten
Weltbilder im Zeitraffer. Der bodenständige Sator verstand es ziemlich gut den Journalisten sein
Verständnis von Gerechtigkeit zu erklären. Was soll auch verdammungswürdig daran sein, dass ein
privater Verein, angesichts eines Ausländeranteils unter seinen „Kunden“ von 75%, dafür Sorge
tragen will, dass sich nun zunächst wieder Nichtmigranten registrieren dürfen?
Wer Sartor zuhörte (statt sich im digitalen Reich der Vorurteile zu verlieren), der Weiß, dass bei der
Essener Tafel keine Rassisten oder gar Nazis arbeiten, sondern Leute die sich aufopferungsvoll im
Ehrenamt um Menschen kümmern, die aus ganz unterschiedlichen Gründen „ganz unten“
angekommen sind.
Als Ehemann einer Frau, die 13 Jahre dieses Knochenjob gemacht hat, kann ich dem nur
beipflichten, ob wohl sie in einem Zeitraum arbeitete, wo es in der Regel eher einen Überfluss im
Warenangebot gab. Aber folgen wir weiter Herrn Burger:
Der weiß, dass die Tafel mitnichten beschlossen hat, nur noch an Deutsche Lebensmittel
auszugeben. Der weiß, dass es in Essen ( wie andernorts auch ) ein Problem mit jungen männlichen
Migranten gibt, die keinen Respekt gegenüber älteren Frauen und Müttern haben. Der kann seit
einer Woche wissen, dass es im „Fall“ Essen darum ging elementare Regeln zu bestimmen, ohne
die friedliches Miteinander nicht funktioniert und es Gerechtigkeit nicht mehr gibt. Darwinistische
Verdrängung ist das Gegenteil von humaner Ordnung. Wer das Recht des Stärkeren walten lässt,
organisiert soziale Kälte.
Angela Merkels Botschaft nach „Essen“ müsste eigentlich lauten:
Ich habe verstanden.
Wie Merkel sich in die Debatte eingeschaltet hat, ist sehr bedauerlich. Ausgerechnet ehrenamtlich
tätige, die mehr als zwei Jahre lang tatkräftig an der Essener Basis dafür sorgen, dass ihre
Wir-schaffen-das-Politik nicht floppt, glaubt die Kanzlerin belehren zu müssen.
Genau umgekehrt müsste Merkel es halten. Ein Rendezvous mit der Essener Wirklichkeit böte ihr
die Chance, eine realistische Revision ihrer Flüchtlings- und Integrationspolitik zu geben. Das Motto
müsste lauten:“Ich habe verstanden.“
Von Sator und dessen Tafelfreunden könnte Merkel sich am lebenspraktischen Beispiel erklären
lassen, wieso man Regeln braucht und diese auch durchsetzen muss, um auf Dauer gerecht zu
helfen. In einem Anschlusstermin im Essener Rathaus bei ihrem Parteifreund Thomas Kufen könnte
sich über die Grenzen der Integrationsfähigkeit unterrichten lassen. „Wir sollten die Grenzen nicht
austesten“ mahnte Kufen schon im Oktober dieser Zeitung.
Das Beispiel Essen macht deutlich, dass es darum geht, brisante Verteilungskämpfe zu verhindern.
Allein Essen hat mehr als drei Milliarden Euro Schulden. Die Zinsen müssen nur ein wenig steigen,
dann ist Essen faktisch bankrott und kann sich weder um die Bedürfnisse der „aufnehmenden
Bevölkerung“ noch um die Flüchtlinge kümmern.
H.B.