Ein Beitrag von “Die Aufklärung” — übernommen aus Facebook
Wirtschaftliche Triebkräfte von Rüstung und Krieg
„Wenn der Friede die Frucht der Gerechtigkeit ist, dann ist der Konflikt, die kriegerische Auseinandersetzung, die Frucht der Ungerechtigkeit. Tatsächlich waren fast alle Kriege der letzten Jahrhunderte Wirtschaftskriege.“
Adolf Paster
Durch Gerechtigkeit zum Frieden!
Angesichts der bislang ungelösten Strukturprobleme des globalen Kapitalismus ist zu befürchten, dass die fortschreitende Polarisierung von Reichtum und Armut und damit die zunehmende Verschuldung in aller Welt weiterhin Zündstoff für soziale Konflikte bleiben wird. Schulden und Inflationen dürften vor allem die Volkswirtschaften des Südens weiterhin ruinieren und Flüchtlingsströme auslösen, die wir erst dann registrieren, wenn sie unsere eigenen Grenzen erreichen. Außerdem treibt der geld- und zinsbedingte Zwang zum Wirtschaftswachstum die Industrienationen weiter in den Teufelskreis der „schöpferischen Zerstörung“ (Schumpeter), zu dem Rüstung und Waffenexporte und – was noch schlimmer, weil wirkungsvoller – auch der Einsatz derselben gehören.
Zu den sozialen Konflikten unseres kapitalistisch verfälschten marktwirtschaftlichen Systems, bedingt durch die weiter wachsenden Polarisierungen zwischen Reich und Arm, dürften in zunehmendem Maße ökologische Konflikte kommen, vor allem um die knapper werdenden Vorräte an Trinkwasser, Erdöl und anderen Ressourcen. Dabei ist zu befürchten, dass dieses explosive Gemisch aus sozialen und ökologischen Konflikten auch weiterhin an wechselnden Orten der Welt militärisch explodiert, wie bereits in der Vergangenheit am Golf oder in Ländern wie Armenien, Tschetschenien und anderswo. Umso dringender wird der weitere Aufbau von zivilen Friedensdiensten zur Vorbeugung weiterer ‘humanitärer Katastrophen’ und darüber hinaus ein Nachdenken über grundlegende Auswege aus dem Teufelskreis der Gewalt in eine gerechtere und friedlichere Welt, die eine Welt ohne Rüstung und Krieg sein könnte.
Ziel eines solchen Nachdenkens sollte es sein zu klären,
1. wie allen Menschen ein gleichberechtigter und naturverträglicher Zutritt zum Boden und seinen Schätzen verschafft werden kann,
und
2. wie das Geld so umgestaltet werden kann, dass es für alle Menschen ein produktions-, wachstums- und verteilungsneutrales, also ein gerechtes Tauschmittel wird.
Kein geringerer als der britische Ökonom John Maynard Keynes hat in seinem Hauptwerk „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ nicht nur die drei entscheidenden Problemfelder unserer Tage im Buchtitel zusammengefasst. Er hat darüber hinaus gleich mehrfach dargelegt, dass eine Korrektur der Geldordnung soziale Gegensätze entschärfen und damit den Frieden in der Welt fördern würde. So schrieb er zum Beispiel, dass es möglich sein müsste, „innerhalb einer Generation die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals im Gleichgewicht auf ungefähr Null herunterzubringen.“
Und das damit einhergehende Sinken des Zinsniveaus gegen Null würde – so meint Keynes weiter – „der vernünftigste Weg sein, um allmählich die verschiedenen anstößigen Formen des Kapitalismus loszuwerden.“ Keynes sprach in diesem Zusammenhang von einem großen „Gezeitenwechsel“: die bisherige kapitalistische Marktwirtschaft mit all ihrer Ungerechtigkeit und Friedlosigkeit würde dann in eine „Marktwirtschaft ohne Kapitalismus“ übergehen, in der sowohl auf nationalstaatlicher als auch auf internationaler Ebene der Umgang des Menschen mit dem Boden und mit dem Geld neu geregelt wird.
• Der Boden, die Ressourcen und die Atmosphäre werden als Gemeingüter behandelt, deren private Nutzung gegen Gebühren möglich ist, die wiederum an alle Menschen gleichermaßen zurückfließen.
• Das Geld wandelt sich von einem zerstörerischen Beherrscher der Märkte zu ihrem Diener. Es wird nicht mehr durch den Antrieb von Zinsen und Zinseszinsen in Bewegung gehalten, auch nicht durch Währungen zerstörende Inflationen, sondern durch „künstliche Durchhaltekosten“(Keynes), die seine besondere Machtposition auf den Märkten neutralisieren. Die Entscheidungen über Investition und Produktion würden sich dann nicht mehr nach irrationalen Rentabilitätskriterien richten, sondern allein nach rationalen eines wirtschaftlichen Einsatzes von menschlichen und natürlichen Ressourcen.
Bei einem Absinken des Zinssatzes auf einen Gleichgewichtssatz in der Nähe von Null gehen die zinsbedingten Einkommensumschichtungen von der Arbeit zum Besitz, also von Arm zu Reich, zurück. Damit verringert sich die Ungerechtigkeit unseres heutigen monetären Systems, die immer mehr zur Hauptursache der sozialen und politischen Spannungen wird. Mit den sinkenden Zinsen geht aber auch die übermäßige Zunahme der Geldvermögen und damit der Investitions-, Verschuldungs- und Wachstumszwang zurück.
Damit wiederum die Notwendigkeit jener „Überproduktions- und Reinigungskrisen“, mit denen heute – ob in Rezessionen, Crashs oder Kriegen – die zinsdrückenden Sachkapitalanhäufungen periodisch reduziert werden müssen, vor allem um dem weiter wuchernden Geldvermögen renditesichernd Platz zu machen. Als Folge davon bauen sich auch die Ursachen ab, die die Staaten heute dazu zwingen, das Spiel der Überrüstung mitzumachen oder gar bewusst zu betreiben, inzwischen sogar schon, um sich gegen die zunehmenden Flüchtlingsströme abzusichern. Kurz: Der Systemzwang zur zivilen und militärischen Kapitalvernichtung käme zum Erliegen.
So wie die soziale und die ökologische Frage ist also auch das Problem der Rüstung und des Friedens solange nicht zu lösen, wie die Fehlstrukturen unserer Geldordnung unangetastet bleiben. Alles, wofür sich heute die Menschen in der Friedensbewegung engagieren (Friedenspädagogik, Abrüstung, Konversion und zivile Friedensdienste), ist notwendig und sinnvoll. Darüber hinaus ist es aber unverzichtbar, sich auch mit den wirtschaftlichen Triebkräften von Rüstung und Krieg zu befassen, die in einem entscheidenden Maße in der bislang geltenden Geld- und Bodenordnung angelegt sind.
Denn nur wenn es uns gelingt, diese Triebkräfte zu überwinden, öffnet sich der Weg zu einer gewaltlosen und friedlicheren Welt.
Text von Helmut Creutz “Humane Wirtschaft”.