7. November 2024

In welcher Wirklichkeit leben wir?

Mittlerweile leben wir in unserer kollektiven Blase der Abstraktion von Wirklichkeit, reduziert auf wenige Begriffe. Wir machen uns alle das Leben schwer mit Begriffen wie „rechts“, „links“, „Demokratie“ und kreisen um die Begriffe wie die Planeten um die Sonne, ohne je über deren Inhalt ins Gespräch zu kommen.

Wenn ich mir alte Reden von Ernst Thälmann, einem Pionier der linken Arbeiterbewegung, anhöre, so würde der doch heute glatt als „rechts“ durchgehen. Die Koordinaten der politischen Matrix (rechts-links), die wir alle wie heilige Kühe völlig unreflektiert als Deutungsgrundlage für menschliches Verhalten heranziehen, haben sich in den letzten Jahrzehnten also stark gewandelt. Auch die Frage, ob sich während der Coronazeit nicht deutlich ein Demokratiedefizit in diesem ach so freiheitlichen System des Neoliberalismus gezeigt hat, wird nicht weiter diskutiert. Eine Aufarbeitung dieser schrecklichen Zeit findet nicht statt.

Dennoch schaffen es die Medien offenbar, die Menschen im Würgegriff der unreflektierten Begrifflichkeiten zu narkotisieren. Nicht mehr Menschen begegnen sich, sondern wir ordnen uns gegenseitig in Worthülsen ein, die niemand mehr versteht, und reden uns gegenseitig ins Gewissen.

Wenn ich mir die Wirklichkeit jenseits der erlaubten Denkschablonen anschaue, dann erschaudere ich. Alles und jeder wird dem Nützlichkeitsprinzip des Neoliberalismus unterworfen. Mensch und Natur werden gnadenlos dem Kapitalmarkt unterworfen und nach reinen Nutzkriterien bewertet. Alles wird objektiviert und entseelt. Der Mensch wird entmenschlicht. Beziehungsentleerte „Bildung“ macht unsere Kinder zu befriedigungssüchtigen Konsumzombies und die seelenlose „Wissenschaft“ holt das Letzte aus der Natur heraus; der Mensch scheint lediglich noch das Material zu sein für Pharmaindustrie und dem materialistischen Beherrschungswahn.

Der Anthropozentrismus, der den Menschen über die Natur stellt, aus der er hervorgeht, rechtfertigt zynischerweise die gnadenlose Vermarktung von allem Lebendigen. Die damit einhergehende Hybris zeigt heute ihre höchsten Blüten. Den entwurzelten und maßlosen „Weltmenschen“ braucht der Neoliberalismus und bringt diesen hervor.

Wir halten Lebewesen in Massentierhaltungen und achten nichts Lebendiges mehr, außer, es hat einen Nutzen für uns und dient dem Konsum. Kinder flüchten sich heute in die Blasen der virtuellen Realitäten und werden krank gemacht in den skurrilen „Spielwelten“, die sich mittlerweile nur noch Psychopathen ausdenken können – natürlich nur im Namen des Entertainments!

Die große Kraft der Sexualität wird trockengelegt, wird in der Genderideologie der Beliebigkeit preisgegeben. Der Mensch wird auf seine sexuelle Identität reduziert. Und die muss nicht mit biologischen Fakten übereinstimmen. Ausnahmefälle werden zum neuen “Naturgesetz” erhoben. Kinder werden in der Schule z.B. gefragt: “Was macht dich so sicher, dass du ein Mädchen bist?” Kinder werden permanent verunsichert und überfordert mit diesen irren Erwachsenenvorstellungen der “queeren Bildung”, die im Namen der “Dekonstruktion stereotyper Geschlechtsvorstellungen” neue und naturferne Ideologien der “Du bestimmst, wer du bist” – Hybris erzeugt.

Wir leben in unserer konstruierten Abstraktionsblase – Der Mensch macht sich die Welt, wie sie ihm (bzw. seinem Ego) gefällt. Alles ist dem Mammon der größtmöglichen Befriedigung unterworfen, alles wird verbraucht, benutzt und vermarktet. Tradition, Kultur, Verbindlichkeit, Beziehung, Gemeinschaft, natürliche Ordnung, gewachsene Strukturen, das richtige Maß, alles wird dem goldenen Kalb des zynischen Hedonismus geopfert. Wer da nicht mitmacht, ist natürlich „rächts“ (was auch immer das heißt).

Die Abstraktion der Wirklichkeit hält uns betäubt in einer Matrix von Begrifflichkeiten, die wie Mentalmagneten unsere Psyche steuern. Sie haben sich so tief in unser limbisches System eingenistet, dass wir gar nicht mehr merken, wie sehr wir ferngesteuert werden. Wir leben nicht mehr, wir bewegen uns in einem riesigen kollektiv-mentalen Gebilde, das mit der lebendigen Wirklichkeit nichts mehr zu tun hat! Wir funktionieren auf Befehle wie „Gegen rechts“ wie Automaten, die reflexartig und durch-konditioniert der Masse folgen – mit gutem Gewissen folgen wir der Gesinnungstyrannei.

Man muss kein „Rechter“ sein, um die Gehirnwäsche zu durchschauen, die sich in diesem traurigen Schauspiel derzeit zeigt. Unsere Seelen sind aus der Wirklichkeit, die immer auch Beziehung und Miteinander ist, die immer auch Empathie und Mitgefühl ist, in einen technologischen Raum von begrifflichen Mentalmagneten entführt. Wir reagieren nur noch auf emotional imprägnierte Begriffe, die wie Schalter unsere Motivationen und Emotionen steuern. Wir haben den Kontakt zueinander verloren, weil wir immer stärker darauf konditioniert werden, an das zu glauben, was uns die Medien an mentalen Schaltungen introjizieren, anstatt miteinander ins Gespräch zu kommen. Es geht nur noch um Kampf Kampf Kampf, gegen gegen gegen. Eine positive Bestimmung ist nicht in Sicht. Wofür wir einstehen, ist irrelevant. Eine Gesellschaft ohne Not und Armut zum Beispiel wäre so eine Vision. Aber nein, wir kämpfen lieber und belehren unseren Mitmenschen, indem wir ihm Begriffe um die Ohren schlagen, die nichtssagend und widersprüchlich sind.

Wir sollten nicht die Natur infrage stellen, sondern unsere wahnhaften und irren Abstraktionen und Konstruktionen von ihr, die alles Lebendige und Natürliche verschlingen und entseelen. Was interessiert der Wirklichkeit unsere Vorstellung von ihr? Wir leben in einer durchkonstruierten und beziehungslosen Realität, nicht in der Wirklichkeit, wenn wir unseren Wahn nicht erkennen und uns abwenden vom medialen Entfremdungsirrsinn!

Das Paradoxe dabei ist, dass jede faschistische Bewegung mit dem „guten Gewissen“ arbeitet. Zu allen Zeiten haben Menschen mit gutem Gewissen Schreckliches vollbracht, sie wähnten sich „im Recht“. Diesen blinden Fleck sieht aber kaum jemand, alle trotten der Masse hinterher. Denn die ist ja immer auf der „richtigen“ Seite.

Was es bräuchte, wäre ein Innehalten, ein Still-werden, um aus diesem kollektiven Wahn herauszufinden. Ein Abstand-nehmen zu dem narkotisierenden Gequatsche in den Medien, der unsäglichen Kriegsrethorik und Militarisierung der Gesellschaft auf allen Ebenen.

Wir müssten ganz neu auf uns und auf unser Inneres, auf unsere Welt schauen, erst dann wird sichtbar, wie nackt der Kaiser mit den schönen neuen Kleidern eigentlich ist! Und wir müssten uns ehrlich unseren eigenen inneren Dämonen stellen, die im Verborgenen und mit gutem Gewissen an der weiteren Spaltung der Gesellschaft und der Welt mitarbeiten, ohne es zu merken. Lasst euch von niemandem sagen, wer ihr seid. Und lasst euch auch nicht sagen, wer dein Mitmensch ist! Primitive Formeln wie “rechts” oder “Verschwörungsideologe” beschreiben nie einen Menschen. Es sind Diffamierungsbegriffe, die uns von den wirklichen Menschenfeinden ablenken sollen. Durchschaue die mediale Hetze “jeder gegen jeden”! Schaue selbst hin!

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