30. Oktober 2024

Das Friedensgutachten 2024 – im Dienst der Kriegslogik?

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

„Welt ohne Kompass” ist das neue Friedensgutachten (FGA) der vier führenden Friedensforschungsinstitute tituliert. Das zumindest erscheint eine sehr zutreffende Analyse zu sein.

Auch zu konstatieren, dass das Jahr 2023 einen traurigen Rekord an Kriegen bzw. Konflikten und einen irrsinnigen Höchstwert von 2,4 Billionen Dollar weltweiter Rüstungsausgaben aufweist, darüber hinaus aber auch das bisher klimatisch heißeste Jahr war, ist sicher richtig und wichtig.

Nicht genug: Vor Europas Haustür toben zwei sinnlose, mörderische Kriege in der Ukraine und in Gaza, in die auch wir verwickelt sind.

Müsste in dieser Situation von der Friedensforschung nicht ein deutlicher Impuls für ein Ende der Gewalt ausgehen, ein unabdingbarer, klarer Wegweiser zu einem Frieden, der eine radikale Abkehr von der bisherigen Kriegslogik voraussetzt? Weil Gewalt und Hass und Aufrüstung nur immer eine Spirale neuer Gewalt hervorrufen?

Statt dessen heißt es in den Empfehlungen des Gutachtens: „Um im Krieg in der Ukraine Verhandlungen zu ermöglichen, muss die militärische Unterstützung der Ukraine nachhaltig gewährleistet werden und steigen.” Und nachdem die USA voraussichtlich ihre Unterstützung verringern, wird gefordert: „Diesen Rückgang muss Europa auffangen, und das heißt auch, dass es seine Rüstungskapazitäten zügig steigern muss.”

Das ist das gleiche militärische Sicherheitsdenken, das seit Jahren auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) von den führenden Repräsentanten der hochgerüsteten Staaten verkündet wird. Deren Leiter, Christoph Heusgen, gibt dazu den Ton an: „Wir müssen zurückkommen zu einer gewissen Logik, wie wir sie im Kalten Krieg hatten”, und er meint, die westlichen Staaten auffordern zu müssen „ihre militärische Unterstützung für die Ukraine auszubauen”, der Westen müsse bei seiner militärischen Hilfe “aufs Ganze gehen”.

Das passt in die allgemeine politische und gesellschaftliche Kriegshysterie einer so genannten „Zeitenwende“.  Der Soziologe Andreas Reckwitz sieht darin ein „zunehmendes Freund-Feind-Denken”, „überall gibt es eine neue Kultur der Unerbittlichkeit”.

Sollten wir da unsere frühere Forderung, die Empfehlungen des FGAs auf der MSC prominent zu diskutieren, überhaupt noch aufrecht erhalten? Oder jetzt gerade erst recht?

Was meinen Sie dazu? Wir freuen uns über Ihre Sichtweise!

Mit friedvollen Grüßen

Erwin Schelbert
Gründungsmitglied MSKverändern e.V.
Studiengesellschaft für Friedensforschung

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