Ein Beitrag von “Die Aufklärung” — übernommen aus Facebook
1) Ist die Mehrwerttheorie noch aktuell?
2) Ist Gesells Theorie nur eine verkürzte Kapitalismuskritik?
3) Wo liegt die Quelle der Ausbeutung? (Zirkulationssphäre oder Produktionssphäre)
Zunächst werden wir hier kurz die Kernaussagen der Mehrwerttheorie von Marx und dessen Schlussfolgerung daraus darlegen, bevor man diese Fragen beantworten kann:
Die Ausbeutung bei der Mehrwerttheorie:
– Der Unternehmer ist Eigentümer der Produktionsmittel und kauft als Geldkapitalist in der Zirkulationssphäre Arbeitskraft zum vollen Wert (ohne Ausbeutung!).
– Der Wert der Arbeitskraft bestimmt sich durch die Warenmenge, die nötig ist um den Arbeiter einen Tag arbeitsfähig zu erhalten und Reproduktionskosten des Arbeiters (Kosten um den Arbeiter nach Verschleiß zu ersetzen).
– Benötigt dieser Wert z.B. (nach Marx) 6 Stunden Arbeit, kann der Arbeiter nach diesen 6 Stunden seine Arbeit niederlegen.
Der Produktionsprozess wäre dann laut Max für den Unternehmer sinnlos, denn es gäbe für den Unternehmer (Kapitalist) keinen Mehrwert. Da her verlangt der Unternehmer als Kapitalist, ohne Verletzung des Wertgesetzes, weitere 6 Stunden Arbeit von dem Arbeiter.
Somit gilt laut Marx der Wert der Arbeitskraft wie folgt:
1/2 Tag arbeitet der Arbeiter für Reproduktionskosten und Lohn; 1/2 Tag arbeitet der Arbeiter zur Erzeugung des Mehrwertes für den Kapitalisten (Unternehmer). Dies kann der Unternehmer machen, weil er der Eigentümer der Produktionsmittel ist. Damit sieht Marx die Quelle der Ausbeutung im Privateigentum und der Privatwirtschaft. Sein Lösungsvorschlag ist da her das Privateigentum abzuschaffen und die Privatwirtschaft durch eine Planwirtschaft zu ersetzen.
Kritik an den Grundlagen dieser Theorie:
Voraussetzung: Marx setzt in der Zirkulationssphäre nur den neutralen Tausch von Äquivalenten voraus. (Geld gegen Ware G – W oder Ware gegen Geld W – G) (Auch Arbeitskraft wird hier als Ware angesehen!) Da her sieht Marx in der Zirkulationssphäre keine Anzeichen von Ausbeutung. Die Ausbeutung kommt laut Marx alleine aus der Produktionssphäre, also dem Produktionsprozess.
(eingesetztes Geld G wird zu mehr Geld G+) Da laut Marx Waren (W) und Arbeitskraft (A) wertgleich sind (G = W(A)), muss der Mehrwert der Teil sein, den der Kapitalist (Besitzer des Eigentums) sich durch Mehrarbeit des Arbeiters, aneignet. Die hergestellten Waren werden verkauft und in Geld verwandelt! (Preis des Produktes = Wert (Lohn) (G – W) + Mehrwert (Profit) (W+)) (W+ wird zu G+) Es gilt: G – W – G+
Vernachlässigung der Rolle des Geldes:
Marx nimmt Geld als Warenäquivalent an und sieht es daher nur in einer passiven Rolle.
Hier widerspricht sich Marx selbst.
Junger Marx (Das Kapital Band 1): Geld hat nur eine passive Rolle. (G – W – G)
Alter Marx (Das Kapital Band 3): Geld hat eine aktive Rolle. (W – G – W)
Marx stellt später im Vergleich vom Naturtausch (W – W) mit dem Tausch mit Geld (W – G) selber fest, dass das Geld den Tausch aktiv beeinflussen kann. Geld kann den Produktionsprozess unterbrechen und das auch ohne Warenzirkulation.
Somit setzt bei Marx die Krisentheorie von G – W – G eigentlich schon beim ersten G an, also noch vor dem eigentlichen Produktionsprozess, den die Mehrwerttheorie als Quelle der Ausbeutung beschreibt.
Marx erkennt auch die Störung der Zirkulation (Kauf und Verkauf) in der Schatzbildung des Geldes und den Vorteil der Geldbesitzer gegenüber den Warenbesitzern (Geldhortung).
Zitat Marx: „Das Geld versteinert damit zum Schatz…“ (Hier gleichen sich die Analysen von Marx und Gesell!) Die Einsicht reicht um die Ausbeutung zu erklären und benötigt keine Mehrwerttheorie. Das Geld wird durch diese Erklärung zum ursprünglichen Kapital (Geldkapital) und stellt da her in seiner akkumulierten Form den Mehrwert (Zinsbindung). (Es gilt also ursprünglich W – G – W und G – G) Warenanbieter haben also eine Zwangsnachfrage nach Geld.
Weil Geld warten kann und allgemeines Tauschmittel ist, dass Marktteilnehmer benötigen, stellt es die Bedingungen für den Handel.
Geld ist somit das Urkapital und wird von Marx im Schatzbildungskapitel beschrieben. Leider war Marx nicht in der Lage dies zu erkennen, weil er immer noch der alten Werttheorie anhing, die Gesell in seinem Hauptwerk (Die natürliche Wirtschaftsordnung) konsequent widerlegt.
Mit dieser Werttheorie ging Marx fälschlicherweise davon aus, das Geld (egal in welcher Form) einen inneren Wert hat.
Dies traf aber nur auf die alte Edelmetallwährung zu und nicht mehr auf das heutige Geld. Für Marx ist Geld somit nur eine Ware wie alle Waren. Für Gesell ist Geld die Ware aller Waren, weil sie den geringsten eigenen Wert von allen anderen Waren hat.
Eine detaillierte Begründung könnt ihr hier lesen: https://freiheitswerk.de/download/Mehrwerttheorie.pdf Somit lassen sich die Fragen nun eindeutig beantworten.
zu 1) Die Mehrwerttheorie trifft nur auf Waren aus einem Produktionsprozess zu und ist aber in diesem Punkt immer noch aktuell.
Allerdings war sie nie aktuell oder sinnvoll die Ursachen der Ausbeutung zu erklären.
zu 2) Da wie nun dargelegt, sogar Marx die Wirkung des Geld als Urkapital erkannte, könnte man den Vorwurf der verkürzten Kapitalismuskritik eher an Marx und seine Anhänger richten.
Gesell hat den Zustand und die Wirkung des Urkapitals genau erkannt und beschrieben.
Gesell kommt da her auch direkt zu einem gezielteren Lösungsansatz als Marx.
„Der Doppelcharakter der Waren: Für Marx gibt es nur einen einfachen Angebotszwang der Waren, der aus ihrer Eigenschaft, Träger von Tauschwert für ihre Produzenten zu sein, herrührt. Die Produzenten brauchen Gebrauchswerte, um zu leben, und müssen dafür ihre Arbeitsprodukte als Tauschwert tauschen. Auch der Goldgräber unterliegt diesem einfachen Angebotszwang. Der doppelte Angebotszwang ergibt sich aus den Eigenschaften der Waren. Ihre stärkere oder mindere Verderblichkeit oder ihre Durchhaltekosten zwingen zum Angebot. Der Schreibtischforscher Marx stieß nicht auf diese Wareneigenschaft. Der Kaufmann Silvio Gesell brauchte als Erfahrungsforscher nur seine Warenlager zu betrachten, um darauf gestoßen zu werden. „
zu 3) Beide Sphären wirken in einem Wechselspiel, aber die entscheidende Sphäre ist die Zirkulationssphäre wegen dem wirken des Geldes als Tausch- und Schatzmittel.
Somit liegt die primäre Ausbeutung in der Zirkulationssphäre und die sekundäre Ausbeutung in der Produktionssphäre.