27. Dezember 2024

Querfront für Frieden

Während die Bundesregierung das Land ruiniert, wird jeder Widerspruch als Handeln in fremdem Interesse verleumdet, wie jüngst in der Washington Post. Dabei ist es die Regierung, die in fremdem Interesse handelt – in dem der Vereinigten Staaten.

Von Wolfgang Bittner

In seiner Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 gab Willy Brandt die Parole aus: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein und werden, im Inneren und nach außen.“ Das ist lange vorbei. Die Chancen, die sich damals eröffnet hatten, wurden nicht genutzt und ebenso wenig das Angebot Putins, der 2001 in seiner denkwürdigen Rede im Deutschen Bundestag von einem gemeinsamen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon sprach. Das war damals noch möglich.

Wie würde Deutschland, wie würde Europa heute dastehen, wenn es zu diesem „europäischen Haus“, von dem auch Michail Gorbatschow gesprochen hat, gekommen wäre? Aber das haben die USA verhindert. Und es ist auch nicht gelungen, das Chaos und die Konfusion, die sie der ganzen Welt gebracht haben, für Deutschland zu verhindern. Die Bevölkerung ist tief gespalten in Kriegsbefürworter und Kriegsgegner, Impffanatiker und Impfkritiker, Klimaaktivisten und Klimaskeptiker und so weiter – ein absurdes Theater. Der Wirtschaftsminister ist dabei, die deutsche Wirtschaft zu ruinieren, die Außenministerin will Luftschutzbunker bauen und der Verteidigungsminister will noch mehr Geld für Rüstung und noch mehr Waffen in die Ukraine liefern.

Wir befinden uns in einer immer schnelleren Abwärtsbewegung hin zu einem autoritären, die Bürgerrechte missachtenden Obrigkeitsstaat, der jegliche Kritik schon im Keim erstickt. Seine Helfer sind die Leitmedien und viele der sogenannten staatstragenden Bürger, die sich selbst auch als solche verstehen, wie Abgeordnete, Journalisten, Beamte, Richter, Wissenschaftler und so weiter, die sich bereits während des Corona-Terrors hervorgetan haben.

In der Bild lautete die Schlagzeile am 22. April 2023 – und man traute seinen Augen nicht: „Putins Putsch-Plan für Deutschland.“ Und weiter:

„So plant Putin Revolution in Deutschland. Mit Wagenknecht und AfD! … Enthüllt: Der Kreml-Führer will die Kontrolle über Deutschland zurück. Seine Kampftruppe: eine Einheits-Kolonne aus Linken und Rechten!“

Zugrunde lag ein Bericht der regierungsnahen US-Zeitung Washington Post, die sich nicht zum ersten Mal auf eine dubiose Geheimdienstinformation stützt, wonach Wladimir Putin Deutschland zurückerobern will, und zwar mit einem Putsch, „angeführt von ‚Links-Ikone‘ Sahra Wagenknecht (53) und den Rechtsaußen der AfD“. Die Washington Post berufe sich auf „Kreml-Akten von Sommer und Herbst 2022, die ein EU-Nachrichtendienst ‚beschafft‘ habe“, so die Bild. Die Rede ist von „Dokumenten“, die jedoch nicht vorgelegt werden.

Bereits tags zuvor wurde in der ARD-Tagesschau online unter dem Titel „Bericht der ‚Washington Post‘ – Kreml-Plan für deutsche ‚Querfront‘?“ verbreitet, „Beamte und politische Strategen Russlands“ hätten gemeinsam Strategien erarbeitet, „wie in Deutschland eine Anti-Kriegs-Stimmung“ erzeugt und die Unterstützung der Ukraine geschwächt werden könne. Der Kreml habe „Demonstrationen der deutschen Friedensbewegung aktiv unterstützt“. Zutiefst empörend ist auch die kolportierte Behauptung, der Washington Post lägen „vertrauliche Dokumente“ vor, wonach „Moskau gezielt versucht haben soll, Einfluss auf die Politik in Deutschland zu nehmen, indem Russland das Bilden einer Allianz aus Wagenknecht, der extremen Linken und der AfD unterstützt“.

Ganz offensichtlich handelt es sich um den Versuch, die bekannteste deutsche Oppositionspolitikerin mit Unterstellungen und unbewiesenen Behauptungen zu diffamieren und unglaubwürdig zu machen. Da heißt es zum Beispiel:

„Die Dokumente enthalten kein Material, das die Kommunikation zwischen den russischen Strategen und irgendwelchen Verbündeten in Deutschland aufzeichnet. Interviews zeigen jedoch, dass mindestens eine Wagenknecht nahestehende Person und mehrere AfD-Mitglieder zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Pläne mit russischen Beamten in Kontakt standen.“

Was für eine verlogene „Berichterstattung“! Keine echten Belege, nichts ist verifizierbar. Die Medien übertreffen sich geradezu an Gemeinheiten. Gegen Russland wird nun schon seit Jahren gehetzt, aber auch Sahra Wagenknechts Eintreten für Friedensverhandlungen in der Ukraine sowie ihre Kritik an der Berliner Regierung sind seit Langem Anlass für ungebremste Aggressionen in Politik und Medien. Weil sie mittlerweile in großen Teilen der Bevölkerung beliebt ist und nach Medienberichten die Gründung einer neuen Partei beabsichtigt, kommt sie der aus Washington gesteuerten Berliner Politik in die Quere. Mit einem Frontalangriff wird jetzt versucht, sie mundtot zu machen.

Fast alle großen deutschen Medien berichteten in gleicher Weise, ohne irgendetwas zu recherchieren. Wagenknecht wird unter einem Vorwand mit nebulösen Andeutungen, Unterstellungen und unbewiesenen Behauptungen diskreditiert und Russland als hinterhältig und bösartig dargestellt. Und wer in den alternativen Medien, soweit sie noch nicht ausgeschaltet worden sind, gegen derartige Exzesse kritisch Stellung zu nehmen wagt, ist per se ein Extremist, Verschwörungstheoretiker, Querdenker oder Putin-Freund. Das wird nicht mehr hinterfragt, diese Menschen sind als Extremisten abgestempelt und damit vogelfrei. Wer nicht der Regierungs- und Medienpropaganda folgt, wird geächtet und aus der legitimierten Gesellschaft ausgestoßen. Wohin wir schauen: bis zum Fanatismus gesteigerte Intoleranz, Kriegshetze und Militarismus.

Es ist nicht mehr zu übersehen, dass diese Entwicklung, die faschistisch genannt werden kann, von bestimmten Kräften gesteuert wird. Ich habe dazu in meinen Büchern „Ausnahmezustand“ und „Deutschland – verraten und verkauft“ entsprechende Hintergrundinformationen gegeben. Die Situation, in der wir uns befinden, ist entsetzlich. Und die Berliner Regierung unternimmt nichts dagegen, sondern folgt bis ins Verderben den Vorgaben aus Washington, wo die Neokonservativen und ihre Hintergrundakteure immer noch auf den monopolaren Anspruch der USA setzen.

Inzwischen ist offensichtlich, dass die Vereinigten Staaten auf einen Regime Change in Moskau hinarbeiten, durch Unterwanderung oder auch militärisch. Man muss bedenken, dass dieses größte Land der Welt über enorme Ressourcen verfügt. Seit Langem wird schon versucht, Russland den wirtschaftlichen und geostrategischen Zielen des Westens zu öffnen. Unter Boris Jelzin war es schon einmal zur Beute verkommen, doch dem hat Wladimir Putin seinerzeit Einhalt geboten.

Jetzt wird Europa ruiniert und als Konkurrent der USA ausgeschaltet. Die US-Wirtschaft, die vor dem Zusammenbruch stand, erholt sich allmählich, während die deutsche Industrie zusehends schrumpft, viele Unternehmen abwandern oder insolvent gehen. Und der deutsche Bundeskanzler lässt sich in Washington instruieren, der Wirtschaftsminister will nach einem Gespräch mit Joseph Biden in Europa „dienend führen“, die Außenministerin will Russland im Einvernehmen mit Joseph Biden ruinieren. Die Haltung der Berliner Politiker ist an Inkompetenz und Devotion kaum noch zu überbieten.

Dabei liegt die Strategie der USA seit Langem offen und dürfte unterdessen auch den deutschen Politikern und Journalisten bekannt sein. 2015 hatte der Direktor des einflussreichen Washingtoner Thinktanks Stratfor, George Friedman, in einer Rede gesagt, für die Vereinigten Staaten sei seit einem Jahrhundert die Hauptsorge, dass sich deutsches Kapital und deutsche Technologie mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft verbänden. Das sei eine Konkurrenz, wirtschaftlich wie militärisch, die die USA nicht dulden würden. Deswegen habe man einen „Cordon Sanitaire“, einen Sicherheitsgürtel, um Russland herum aufgebaut.

So viel zur Langzeitstrategie der Vereinigten Staaten, die 1904 von ihrem Präsidenten Theodore Roosevelt pauschal zur Ausübung einer „internationalen Polizeigewalt“ und zur kompromisslosen Durchsetzung wirtschaftlicher und strategischer Interessen ermächtigt wurden. Seine Devise war: „Sprich sanft und trage einen großen Knüppel; dann wirst du weit kommen.“ Dass diese „Ermächtigung“ auch heute noch gilt, hat sich offenkundig mit der Sprengung der Ostseepipelines erwiesen.

Von Wolfgang Bittner ist kürzlich im Verlag zeitgeist das Buch „Ausnahmezustand – Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts“ erschienen.

Reblog#
Wolfgang Bittner: „Deutsche Querfront“ – Verleumdungen, unbewiesene Behauptungen — RT DE
Alle Rechte bleiben beim Autor/Herausgeber des eingebetteten Artikels.

Visited 2 times, 1 visit(s) today
Sag es weiter, teile es!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert